Thomas Manhart
SALZBURGER NACHRICHTEN, Printausgabe 11.10.2011Vom Leben an der Elite-Uni
Astrid Kuffner
DER STANDARD, Printausgabe 18.04.2007Melodien als Heilmittel
“Meine Sprache versteht man durch die ganze Welt”, meinte weiland der Komponist Joseph Haydn. “Dieses Zitat wird meines Erachtens überstrapaziert”, findet Andrea Korenjak, die Musik im transkulturellen Kontext erforscht und praktiziert. Zwar sei die Musik ein universeller Bestandteil jeder Kultur. “Was Menschen dabei empfinden aber historisch und kulturell geprägt.”
Mit einem APART-Stipendium der Akademie der Wissenschaften verfasst die 32-jährige promovierte Psychologin, Musik- und Kulturwissenschafterin gerade ihre Habilitation am Mozarteum Salzburg zur “Kulturgeschichte der Musik als heilendes Medium”.
Darin spannt sie den Bogen von den Heilritualen indigener Kulturen und den ersten philosophischen Überlegungen in der Antike bis in die therapeutische Praxis der Gegenwart. Wobei für sie Musik mehr ist “als ein Bündel akustischer Reize”. Neben musikpsychologischen Themen beschäftigt sie sich mit dem historischen Aspekt von Musik als heilendem Medium und dokumentiert den gewaltigen Kulturtransfer zwischen Orient und Okzident.
Am faszinierendsten bei der Erstellung des “musikhistorischen Mosaiks” ist für die Kärtnerin das Aufspüren und Studieren hunderte Jahre alter Quellen. Schwierig an der Studienwahl war für Andrea Korenjak die Einschränkung ihrer vielen Interessen auf drei (!). Psychologie, Querflöte und Musikwissenschaft inskribierte sie schließlich, zunächst an der Uni Klagenfurt und am Landeskonservatorium. Ihre Studien finanzierte die aus Dobrowa/St. Margareten im Rosental stammende Überfliegerin mit Leistungsstipendien, denn “klassische Studentenjobs hätte ich bei dem Wochenstundenpensum nicht unterbringen können”.
Den familiären Wurzeln näherkommen
Querflöte begann sie relativ spät, mit 16 Jahren zu spielen. Die künstlerische Abschlussprüfung will sie noch heuer in Angriff nehmen. Psychologie und Musik studierte sie zwei Jahre lang in Triest und lernte Slowenisch an der philosophischen Fakultät in Ljubljana. Im Rückblick “ein Weg, meinen familiären Wurzeln näherzukommen”. Da das Mozarteum Anziehungspunkt für Studenten aus der ganzen Welt ist, fühlt sich Korenjak, die dort seit 2001 forscht, “sehr wohl”. Einen Kärntner Chor würde sie dennoch stets erkennen: ein sehr weiches Timbre, gepaart mit Melancholie und Pathos.
Frauenbilder in Kunst und Psychologie haben sie während des Studiums, in ihren Abschlussarbeiten und als Vortragende immer begleitet. Etwa die “femme fatale”, die nichts mit der realen Situation von Frauen um 1900 zu tun hatte. Lange Zeit waren Frauen bloß Objekte der Kunst. Der Fülle von Weiblichkeitsmetaphern stehen wenige historische Fakten gegenüber. Nichtsdestotrotz schaffen sie für Korenjak in unserem Symbolsystem ihre eigene Realität. “Problematisch wird es, wenn die Grenzen zwischen der männlich geprägten ‘Kunstfrau’ und der realen Frau verschwimmen”, so die Musikpsychologin. Dass heute der künstlerische Ausdruck von Frauen einen Aufschwung erlebt, begreift sie “als eine große gesellschaftliche Chance”.
Das nördlichste Waldviertel ist Kraftplatz in ihrem Leben. Mit ihrem Lebensgefährten genießt sie dort die Einschicht, in der sich manchmal das Gefühl von Zeitlosigkeit einstellt. Ausgleich vom Studium staubiger Wälzer bieten der Bio-Gemüsegarten, Kochen und Bewegung an der frischen Luft.
SALZBURGER NACHRICHTEN, Uni-Nachrichten, Printausgabe 13.12.2008
Musik als Heilkunst
Die außergewöhnlicht gut besuchte Ringvorlesung geizt nicht mit namhaften Referenten und praktischen Hörbeispielen.
„Instrumenten und Seytenspil der Musica helffen auch die gesuntheit erhalten / und die verloren wider zubringen“, wusste der im 11. Jahrhundert in Bagdad geborene christliche Arzt Ibn Butlān, dessen Werk „Tacuinum sanitatis“ zwei Jahrhunderte später ins Lateinische übersetzt wurde und das Abendland maßgeblich beeinflusste.
Im Rahmen des „Schwerpunktes Wissenschaft und Kunst“ haben Andrea Korenjak (Universität Mozarteum) und Christian Allesch (Paris-Lodron-Universität) eine Ringvorlesung zum Thema „Musik und Therapie in Orient und Okzident“ mit internationalen ReferentInnen organisiert. Die Ringvorlesung gewährt Einblick in ein bislang auch von der Musikwissenschaft vernachlässigtes Thema: die historischenAspekte der Musik als heilendes Medium.
Namhafte Experten – darunter der Musik- und Medizinhistoriker Werner F. Kümmel aus Mainz, der Berner Islamwissenschaftler und Orientalist J. Christoph Bürgel und der Psychiater Hans-Jürgen Möller aus München – stellen medizinische Deutungen der musikalischen Affektenlehre im Barock und die Überzeugung der Romantik, dass die Musik eine „wahrhafte Arzney“ sei, ebenso vor wie die islamischen Mystik, in der die Musik als „Nahrung für die Seele“ gepriesen wird.
Die Musik als sinnliches und künstlerisches Medium kommt dabei nicht zu kurz: Der Komponist Hossam Mahmoud brachte auf dem Oud (arabische bundlose Laute) authentische arabische Kunstmusik zu Gehör, der Gräzist Stefan Hagel ließ nicht nur tief in die musiktherapeutischen Vorstellungen der Antike blicken, sondern begeisterte das Publikum auch mit dem Spiel auf antiker Kithara und Aulos, die er nach historischen Vorbildern selbst nachgebaut hat.
An der Abteilung für Musikwissenschaft des Mozarteums forscht Andrea Korenjak gegenwärtig zum Thema „Musik als Heilkunst“ im Rahmen eines 3-jährigen APART-Stipendiums der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. In der Organisation der Veranstaltung verbirgt sich nach Korenjak das Anliegen, „den gegenwärtigen Polarisierungen, welche den öffentlichen Diskurs über die arabisch-islamische Welt beherrschen, durch Perspektivenreichtum entgegenzuwirken. Orient und Okzident blicken auch in den Bereichen der Musik und Medizin auf einen regen kulturellen Austausch und ein gemeinsames kulturelles Erbe“.
Das außergewöhnlich große Interesse von Studierenden und Besuchern erforderte sogar einen größeren Raum: So werden auch die nächsten Ringvorlesungen am 15.12. im Solitär und am 12.01. sowie 19.01. im Hörsaal des Mozarteums stattfinden. Gefördert wird die Ringvorlesung von Land und Stadt Salzburg. Die Ringvorlesung beweist, dass das „Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs 2008“ in Salzburg gelebt wird.